„He, du da, geh´ doch bitte mal rüber.“
Der Junge schaute über die Schulter zu dem alten Mann, der wenige Meter entfernt stand und mit einem Stock auf ihn deutete.
„Ja, genau, dich meine ich.“ Der Stock zuckte in seine Richtung.
„Und warum soll ich rüber gehen?“
„Ich kann nicht weiter, du stehst auf meinem Schatten.“
„Auf Ihrem Schatten?“
Die erstaunten Augen des Jungen wanderten bis zu den Schuhspitzen des alten Mannes, suchten dann den Himmel ab. Nur Wolken, klumpige dicke Wolken.
„Ich sehe keine Sonne. Ohne Sonne keinen Schatten.“
Der Alte stemmte die Arme in die Seite. Ausgiebig betrachtete er sich den Jungen von oben bis unten. „So dumm siehst du eigentlich nicht aus.“
„Wie sehe ich dann aus?“ fragte der Junge.
„Als wüsstest du es.“
„Als wüsste ich was?“
Der Alte seufzte. „Na, was haben wir heute?“
„Mittwoch.“
„Ich meine, ist es nun Tag oder Nacht?“
Der Junge empfand die Frage als überflüssig. „Tag natürlich“, antwortete er.
„Na siehst du. Und wie ist es am Tag?“
Der Junge zuckte mit der Schulter.
„Am Tag ist es hell, wir haben Licht. Und wo Licht ist, da ist auch Schatten.“ Er wollte sich in Bewegung setzen. „Los, nun mach´ schon, geh´ von meinem Schatten runter.“
Verwundert trat der Junge einen Schritt auf die Seite. Der Alte kam langsam auf ihn zu, den Kopf zum Boden gesenkt.
Und während er an dem Jungen vorbei schlurfte, hörte dieser ihn vor sich hin murmeln: „Steht einem immer im Weg, die Jugend.“